Author Archives: heike

Fundstücke

Beim Wühlen in den Büchern meiner Kindheit fand ich eine Karte, die mir gerade sehr wollkommen ist:

Es handelt sich vermutlich um eine Bescheinigung, die ich für meine Mutter geschrieben haben muss: 100 Wochen frei. Das Gekrakel muss bedeuten: Hiermit gewähre ich Ihnen, Frau Rita Geißler …. damit Sie sich dringend erholen können.

Unbedingt vollständig frei nehmen! Hintereinander weg!

 

Jedenfalls lese ich die Karte heute wie eine Karte an mich, wie eine Bescheinigung für mich, und ich bin verknallt in den Stempel: Kindersparkasse, dort will ich mein Konto haben. Mein Kindermillionensonntagsallzeitreichtumskonto (in echt).

ICH – dann eine Weile nichts

Volker Harry Altwasser hat ein Buch geschrieben, einen Theaterroman: Ich, dann eine Weile nichts. Ein Buch über Bogislaws XIV, den letzten Herzog von Pommern.

Der Titel ist nicht neu, aber auch nicht so alt wie der Herzog, um den es bei Altwaser geht: Ein früheres Lieblingsbuch von mir heißt genauso, handelt jedoch von Bärbel Fielow: „Bärbel Fielow ist ein eigenwilliges Mädchen. Sie wird mit Ereignissen konfrontiert, die wichtige Probleme zwischenmenschlicher Beziehungen berühren. Ihr komplizierter Charakter – hilfsbereit und egozentrisch zugleich – macht es ihr nicht leicht, damit fertig zu werden.“ (Aha!) Zitat vom hinteren Buchdeckel. Geschrieben hat es Hans-Ulrich Lüdemann. Das ist ein Buch über mich. Das war immer mein Buch über mich. Es ist, das kann man lesen, ein „Mädchenbuch für Jungen“. (So etwas gibt es heute gar nicht mehr! Stimmt das? Aber ja! Denken an: Kinderüberraschung für Mädchen und Bücher für Leseanfänger, für männliche Leseanfänger.) (Lüdemann, Hans-Ulrich: ICH – dann eine Weile nichts. Berlin: Der Kinderbuchverlag Berlin 1976).

 

 

Einen Theaterroman habe ich übrigens auch schon geschrieben, aber kein Verlag wollte ihn kaufen. Betrüblich! Seltsam! Auch egal!

 

 

 

Fearless toys

Stratos jump successful! ORIGINAL VERSION

Seltsame Sätze

Es ist nur ein seltsamer Satz, und ich denke, die seltsamsten Sätze schreibe ich in Exposés. Gerade also diesen: „Die Echse ist voraussichtlich männlich.“

Erst sollte der Satz heißen: „Die Echse ist voraussichtlich ein Mann.“ Vielleicht ist er doch nicht seltsam, was weiß man schon. Jen Rosenblit jedenfalls, die sowieso mein Liebling ist, was ich ausführen sollte, und ich werde einfach sagen später, und es wird heißen nie, das ist in die Etage des Angedachten verschoben, das ist Teil des vermutlich überbordenden Rests, der am Ende bleiben wird, (Riesenkomma) Jen Rosenblit also sagte diesen Satz: „I was the richest girl in January.„, und ich möchte diesen Satz auch gern sagen, es ist eine ganz alberne Sehnsucht danach, diesen Satz zu sagen und in etwas dasselbe zu meinen wie Jen Rosenblit (Zeit, ausreichend Geld, Zeit, Platz, Zeit).

Ich möchte diesen Satz sagen:“ I was the richest girl in 2013.“

 

Der Magier/jedem seine Kämpfe

 

 

 

 

 

 

 

Vor dem Kaufhof bilden Menschen ein Halbrund um einen Magier. Dieser schwebt in der Luft und hat die rechte Hand auf einem Wanderstock abgelegt. Er trägt weite Gewänder, ein Kopftuch, er blickt entspannt herum. Er schwebt einen halben Meter über dem Boden. Auf dem Boden liegt ein Teppich, der sein Revier bezeichnen könnte.

Vermutlich schwebt er nicht tatsächlich, aber was weiß man schon, und was will man wissen. Es wäre vielleicht gut, schweben zu können oder so sitzen zu können, eben ohne aufwändige Unterlage unter sich, ich hätte dann mein Bürostuhlproblem geklärt, das ich an manchen Tagen zu haben glaube.

Diese Szene ist ganz am Rand, ich gehe vorbei, denke ein wenig und frage mich nichts, weil es einerlei ist, weil es eine hübsche Idee ist, verkleidet vor dem Kaufhaus zu sitzen oder schweben, also vor dem Kaufhaus so zu tun als ob.

Von rechts tritt dem Schwebenden ein Mann hinzu und erklärt energisch den um ihn Stehenden: Na, da ist eine Stahlstange – er weist vom Wanderstock des Schwebenden Richtung Po des Schwebenden -, und da ist noch eine Stahlstange – er weist unter den Po des Schwebenden. Er beugt sich so dicht er kann an den Schwebenden heran. Der Schwebende dreht ihm langsam den Kopf zu. Der Erklärende betritt den Teppich nicht. Er will unbedingt alle von den Stahlstangen überzeugen, seine Interpretation soll hier gelten, und wenngleich vielleicht einzig das Kleinkind, das da am anderen Rand des Teppichs mit seiner Mutter steht und von dieser im Stehen gestützt wird, tatsächlich und folgenlos glauben könnte, dass der Schwebende schwebt, redet sich der Erklärende in Rage. Er will einen Betrug aufdecken, er meint, einen Scharlatan aufgetan zu haben. Er müht sich ab. Es ist ein bedauerlicher Anblick, es wirkt, als plane der Erklärende eine Anzeige gegen das Leben.

„Als letzter Typ verbleibt uns noch der ideale Zuschauer. Er steht mit beiden Beinen um Leben, er weiß, daß alles natürlich zugeht, daß keine ‚Zauberei‘ im Spiele ist. Trotzdem ist er aufmerksam und freut sich über jeden gelungenen Trick, schließlich will er sich unterhalten lassen. In der Masse fällt er am wenigsten auf, höchstens dadurch, daß er am meisten applaudiert.“

(Zmeck, Jochen: Wunderwelt Magie. Berlin: Henschelverlag 1981. S. 98)

 

Neues aus dem Cardio-Theater

Im Fitnessstudio stürmt die Zukunft herein und reißt der Gegenwart die Übungsmatten unter den Pos weg

glanzmuskelig, kunstgebräunt etc.

Muskelüberschuss am Sonntagvormittag.

Aber am Freitag verglichen L und K und ich unsere Muskeln im ersten Stock der HGB, und wir sahen dabei in den Lichthof, in dem getanzt wurde, jeder tanzte für sich, sphärisch oder sportlich, nur eine Rotkleidfrau umtanzte den Lockigen, der wie ein Pflock in die Mitte der Tanzfläche gerammt zu sein schien, sich dabei um seine eigene Achse drehte, hin und her, der Frau folgend. Er wirkte sehr um Ruhe bemüht und nur aus Pflicht verführbar, während unsere Muskeln wetteiferten und mal verloren, mal gewannen. Kurz vor Ende der Geisterstunde, unter uns weiße große Pappbuchstaben: Deutschland.

Lieblingssatz

„Because they were poets, they thought a lot about how they were glad they did not write novels.“

Juliana Spahr. The Transformation. S. 104

Eine Reise Teil 2

Literaturfrauenfragen und crotchless-pants-and-a-machine-gun-feminism

„We’re not sure listening is a crucial tool. But we did it anyway. Maybe a better way to phrase this would be to say that listening might be one tool among many. And, like all tools, it might have its moments. And it might have its limitations. Or what we mean is that if feminism ended with listening, or was mainly about listening, it would be–as many feminists have pointed out–somewhat limited to stories of women’s personal experience. And perhaps might lack a more structural analysis.

When we started the project of asking writers in other locations, we were, we confess, hoping for more structural analysis. We sent [the authors] a version of “Numbers Trouble,” [an essay on the paucity of women poets included in A Megaphone] and one thing we hoped to get were some numbers on how many women show up in the anthologies and [win] the prizes and stuff like that in their area. What we got back was a mixture of this sort of information, and a lot of personal stories about negotiating, with varying degrees of success, the structures and distribution networks that support literary production. Our first reaction was, I don’t know, disappointment? But our next reaction was to begin to question our endless desire for more structural analysis.“

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Sommerhit (aus aktuellem Anlass)

Video zum Hit: Large Hadron Rap